Was Bedeutet Andon in Lean?
Andon, im Japanischen wörtlich übersetzt eine Papierlaterne - 行灯, ist ein Signal, um ein Lean-Team auf ein wichtiges Ereignis aufmerksam zu machen, z. B. auf eine fehlgeschlagene oder suboptimale Handlung.
Ein Andon kann ein verlöschendes Licht, eine Texteinblendung auf einer Anzeigentafel oder ein akustischer Alarm sein. Entscheidend ist, dass es die Aufmerksamkeit der Handelnden auf sich zieht und sich automatisch aktiviert, da manuell ausgelöste Signale meist versagen. Ihr Sinn ist es, das Team bei einem Ereignis zu alarmieren, damit es unverzüglich seine Arbeit unterbricht und das Problem behebt.
Die wichtigsten Vorteile der Verwendung von Andons:
- Höhere Prozesstransparenz führt zu besserer Effizienz
- Weniger Defekte, weniger Ausfallzeiten und damit weniger Abfall sowie geringere Kosten
- Höhere Produktqualität, zufriedenere Kunden
- Belegschaft, die befähigt, zufriedener und weniger anfällig für einen Personalwechsel ist, eine höhere Produktqualität erzielt und die Prozessstabilität aufrechterhält
- Fördert kreative und schnelle Problemlösungen, die einerseits wertvoll an sich sind, andererseits aber auch originelle, unorthodoxe Produktlösungen offenbaren können
- Ähnlich wie bei Poka-Yoke hilft der Einsatz von Andons, das Team auf Qualität einzuschwören, und fördert die Gewohnheit, der Qualität Vorrang vor allem anderen einzuräumen
Andons im Alltag
Andons begegnen uns im alltäglichen Leben. Etwa, wenn eine Motorwarnleuchte auf dem Armaturenbrett blinkt und ein Problem mit dem Auto signalisiert. Es soll uns veranlassen, zur nächsten Tankstelle zu fahren, um das Problem zu lösen. Andons werden auch häufig in Geschäften, in Warteschlangen bei Banken oder Postämtern und in kundendienstorientierten Teams eingesetzt. Wir werden später noch darauf zurückkommen.
Im Tandem mit Jidoka
Bei Toyota fügten sich Andons in die Jidoka-Unternehmensphilosophie ein: die Automatisierung der Problem- und Fehlererkennung. Jidoka bedeutet, dass die Linie angehalten wird und der Fehler sofort behoben werden muss, wenn an der Produktionslinie irgendetwas schiefläuft.
Jidoka fordert, ein Problem an dessen Quelle zu beheben. Daher sollte ein gut implementiertes Andon dann Alarm schlagen, wenn ein Problem auftritt, und – wenn möglich – genau an dem Ort, an dem es auftritt. Die Andon-Philosophie korrespondiert mit der Kanban-Methode der Workflow-Visualisierung: Es gibt Teams einen klaren Hinweis, dass etwas schiefläuft und korrigiert werden muss.
Wussten Sie schon?
Wenn Sie nach einer einfachen Möglichkeit suchen, Ihre Arbeitsabläufe zu visualisieren und mit Ihren Teamkollegen zu teilen, sollten Sie Kanban Tool® ausprobieren. Die Online-Boards veranschaulichen allen Akteuren den gesamten Prozess und verdeutlichen, wo es zu Engpässen oder anderen Blockaden kommen kann.
Wir sind in unserer westlichen Gesellschaft mitunter darauf fixiert, immer unser Bestes zu geben und bereit, etwaige Hindernisse unter den Teppich zu kehren. Diese Herangehensweise ist bei Toyota verpönt: Gibt es Probleme am Fließband, dann weiß das jeder. Oft schwärmen dann Teams aus, um eine Ursachenanalyse durchzuführen und das Problem zu lösen.
Andon muss sich am Wertstrom orientieren
Auch agile Software-Teams sind für die intensive Nutzung von Andons bekannt. Auf Build-Servern, die zum Kompilieren und Testen von Programmcode verwendet werden, sehen Sie oft rote, orange und grüne Anzeigen. Wenn auf einem Server ein Fehler auftritt, sind die Entwickler aufgefordert, ihre Arbeit einzustellen und das Problem zuerst zu beheben.
Allerdings hat sich gezeigt, dass die Anwendung von Andon nicht so einfach ist, wie es den Anschein hat. Oft werden die Teams auf Ereignisse oder Vorfälle aufmerksam gemacht, die sie überhaupt nicht als wichtig ansehen! Beispielsweise mag es ein Andon geben, das bei niedrigem Speicherplatz auf einem Build-Server mit einem orangefarbenen Blinklicht warnt. Einem Entwickler, der seinen Code pünktlich fertigstellen muss, mag dies jedoch nicht wichtig erscheinen. Er ignoriert die Warnung mit dem Risiko, dass dies zur Gewohnheit wird.
In einigen Supermärkten oder Banken signalisieren Lichter die durchschnittliche Wartezeit in der Warteschlange. Oft kann man jedoch beobachten, dass das Personal von der Geschäftsleitung nicht geschult wurde, wie das Problem zu lösen ist. So wird der Andon nur zu einem Indikator für schlechten Service, statt den zuständigen Stellen ein Zeichen zu geben, dass sie ein Problem lösen müssen. Solche Implementierungen verfehlen leider völlig den Sinn von Andon.
Richtig eingesetzt, sollten immer dann, wenn erhöhte Wartezeiten das orange oder rote Signal auslösen, weitere Kassen geöffnet werden, um mehr Kunden gleichzeitig zu bedienen. Der Mehrwert für den Kunden, und dem Unternehmen, besteht schließlich darin, dass diese zahlen und das Geschäft mit ihrem Einkauf reibungslos verlassen können, statt in einer Warteschlange blinkende Lichter zu betrachten.
In Befehls- und Kontrollumgebungen wird Andon nicht funktionieren
Andons können Lebensretter oder Warnsignal sein. Welche Rolle Andons für Ihr Team spielen, hängt von der Unternehmenskultur ab, die sich aus der Unternehmensführung ergibt. Fordert die Unternehmensleitung die Arbeitnehmer auf, Probleme zu benennen, damit diese gelöst werden, können Andons Wunder bewirken. Aber in strikten Befehls- und Kontrollstrukturen, in denen es keinen Raum für Fehler oder Fehlfunktionen gibt, gehen Teams mitunter so weit, die Andons wieder zu deaktivieren. Auf die Frage, warum sie das getan haben, heißt es dann, dass es das Management nur in Panik versetzt und sie Ärger bekommen.
Das Entfernen der Andons beseitigt nicht die Probleme, sondern entzieht dem Management eine weitere Informationsquelle, was zu Missverständnissen führt, Vertrauensmangel vertieft und Kennzahlen verfälscht, da sie keine Daten mehr über im Rahmen des Prozesses behobene Fehler enthalten.
Nutzen Sie Andon in der richtigen Weise und verpassen Sie nicht die Gelegenheit, Ihren Prozess und Ihr Team besser kennenzulernen. Beides ist notwendig, um die Produktion zu perfektionieren und sich kontinuierlich zu verbessern.